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NIS2 und Cybersicherheit im Mittelstand: Warum Unternehmen jetzt handeln müssen

NIS2 und Cybersicherheit im Mittelstand: Warum Unternehmen jetzt handeln müssen

Die neue NIS2-Richtlinie der EU rückt Cybersicherheit in den Fokus der Unternehmensverantwortung – und macht deutlich: IT-Sicherheit ist keine Option mehr, sondern Pflicht. Gerade mittelständische Unternehmen sind gefordert, sich strukturiert und strategisch auf die kommenden regulatorischen Anforderungen vorzubereiten - auch wenn die nationale Umsetzung aktuell noch aussteht. In diesem Beitrag zeigen wir, warum Unternehmen NIS2 trotz politischer Verzögerungen jetzt ernst nehmen sollten, welche Anforderungen auf sie zukommen und wie Managed Detection and Response (MDR) helfen kann, sowohl gesetzliche Vorgaben als auch unternehmerische Sicherheitsziele zu erreichen.

NIS2: Ein europäischer Weckruf für mehr IT-Sicherheitsverantwortung

Die NIS2-Richtlinie (Network and Information Security Directive) wurde im Dezember 2022 von der EU verabschiedet. Ihr Ziel ist es, die Cybersicherheit kritischer und wichtiger Infrastrukturen zu verbessern, die Zusammenarbeit bei Sicherheitsvorfällen zu fördern und die Verantwortung für IT-Sicherheit auf Managementebene zu verankern. Obwohl Deutschland die Frist zur nationalen Umsetzung bislang verfehlt hat, bleibt die Verpflichtung zur Umsetzung bestehen. Der kürzlich veröffentlichte neue Referentenentwurf zur NIS2-Umsetzung zeigt, dass der Gesetzgebungsprozess in Deutschland wieder Fahrt aufnimmt. Unternehmen, die jetzt handeln, verschaffen sich nicht nur zeitlichen Vorsprung, sondern vermeiden auch spätere operative Hektik und mögliche Bußgelder.

Mehrere Entwicklungen machen eine verschärfte Sicherheitsrichtlinie wie NIS2 notwendig. Die digitale Transformation mit Cloud-Services, Remote Work und vernetzten Infrastrukturen erhöht die Angriffsfläche. Gleichzeitig nutzen Cyberkriminelle neue Technologien – insbesondere Künstliche Intelligenz – um Angriffe zu automatisieren und zu skalieren. Hinzu kommen geopolitische Spannungen, die sich verstärkt digital entladen. Die daraus resultierende Bedrohungslage erfordert eine klare regulatorische Antwort – und die liefert NIS2. 

Jedes Unternehmen sollte prüfen, ob es betroffen ist. NIS2 gilt für Unternehmen mit mehr als 50 Mitarbeitenden oder einem Jahresumsatz von über zehn Millionen Euro – ein Schwellenwert, den viele mittelständische Betriebe leicht überschreiten. Besonders betroffen sind Sektoren wie Energie, digitale Infrastruktur, Gesundheitswesen, Transport und Fertigung, aber auch Branchen wie Forschung, Post- und Kurierdienste, Lebensmittelherstellung und die chemische Industrie. Selbst Unternehmen außerhalb der klassischen Kritischen Infrastrukturen können unter die Regelung fallen – insbesondere, wenn sie digitale Dienste anbieten oder Teil komplexer Lieferketten sind.

Was NIS2 fordert – und was das in der Praxis bedeutet

Die Richtlinie verlangt ein umfassendes Sicherheitsniveau, das technische, organisatorische und personelle Maßnahmen gleichermaßen einbezieht. Unternehmen müssen ihre IT-Risiken aktiv managen, regelmäßige Sicherheitsanalysen und Schwachstellenbewertungen durchführen und ihre Mitarbeitenden regelmäßig schulen. Zugriffsrechte sind restriktiv zu vergeben, Vorfälle müssen innerhalb von 24 Stunden gemeldet und spätestens nach einem Monat dokumentiert und analysiert werden. Besonders relevant ist auch die Verpflichtung zur Absicherung der Lieferkette, denn viele Sicherheitslücken entstehen nicht innerhalb der eigenen Systeme, sondern durch externe Dienstleister oder Partnerunternehmen.

Technisch fordert NIS2 unter anderem die Einführung von Multi-Faktor-Authentifizierung, die Verschlüsselung sensibler Daten, die Einrichtung von Logging- und Monitoring-Systemen sowie ein effektives Incident Management inklusive Notfall- und Wiederanlaufplänen. Darüber hinaus werden die Geschäftsführungen ausdrücklich in die Verantwortung genommen: Sicherheitsmaßnahmen müssen nicht nur genehmigt, sondern aktiv begleitet und überwacht werden.

Das Problem klassischer IT-Sicherheitslösungen 

Viele Unternehmen setzen bereits auf EDR- oder XDR-Lösungen, um sich vor Cyberangriffen zu schützen. Doch diese Tools haben ihre Grenzen. EDR überwacht ausschließlich Endpunkte und reagiert erst nach Erkennung einer Bedrohung. Die Vielzahl an Alarmen überfordert häufig interne IT-Teams, wodurch kritische Vorfälle übersehen werden können.

XDR erweitert den Blick auf Netzwerk- und Cloud-Daten, ist jedoch oft herstellergebunden und lässt sich nur eingeschränkt in bestehende IT-Landschaften integrieren. Beide Ansätze liefern zwar wichtige Daten, erfordern aber spezialisiertes Personal zur Analyse und Reaktion – eine Ressource, die vielen mittelständischen Unternehmen fehlt. Kurz gesagt: Ohne zusätzliche Expertise, integrierte Prozesse und ganzheitliche Überwachung reichen klassische Sicherheitslösungen heute nicht mehr aus, um der wachsenden Bedrohungslage und den Anforderungen von NIS2 gerecht zu werden.

Der ganzheitliche Ansatz: Mit MDR und SOC zur NIS2-Compliance

Managed Detection and Response (MDR) als Basis eines SOC-Services setzt genau dort an, wo EDR und XDR an ihre Grenzen stoßen. Als ganzheitlicher Sicherheitsservice vereint ein SOC-Service Technologie, Prozesse und Expertise – rund um die Uhr. Die Basis bildet ein herstellerunabhängiges SIEM-System (Security Information and Event Management), das mit einem SOAR-System (Security Orchestration, Automation and Response) gekoppelt ist. Hier laufen alle Sicherheitsinformationen zusammen, werden automatisch analysiert und durch qualifizierte Analysten bewertet. Ein zentrales Element ist die Anreicherung der technischen Informationen mit Kontextdaten. Das bedeutet: Ein Alarm auf einem bestimmten Server wird nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch bewertet – etwa danach, ob es sich um ein kritisches System handelt, welche Abteilungen betroffen sind oder welche Benutzer aktiv waren. Erst durch diese Kontextualisierung ist eine fundierte Risikoabschätzung und Priorisierung möglich.

Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Mitarbeiter erhält eine Phishing-Mail mit Schadanhang. Ohne EDR-Schutz bleibt der Angriff zunächst unbemerkt. Erst spät zeigt das Netzwerkverhalten Auffälligkeiten. Der MDR-Service erkennt das Muster, alarmiert das Security Operation Center, das sofort Maßnahmen einleitet: Der betroffene Server wird isoliert, Verbindungen zur Angreiferinfrastruktur werden blockiert, die Infektionskette wird analysiert und geschlossen. Zeitgleich wird ein vollständiger Incident-Report erstellt – inklusive aller NIS2-relevanten Dokumentationen.

Handlungsempfehlung: Was Unternehmen jetzt tun sollten

Auch wenn das nationale Gesetzgebungsverfahren zur NIS2-Umsetzung ins Stocken geraten ist, besteht kein Grund zur Entwarnung. Unternehmen sollten die Zeit nutzen, um sich strukturiert vorzubereiten. Dazu gehören eine systematische Betroffenheitsanalyse, eine Bestandsaufnahme der aktuellen Sicherheitslage und eine GAP-Analyse zur Identifikation offener Anforderungen. Sicherheitsmaßnahmen sollten nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch und personell auf ein neues Niveau gebracht werden. Die Einführung eines MDR-/SOC-Services kann in diesem Zusammenhang einen entscheidenden Unterschied machen – insbesondere für Unternehmen mit begrenzten internen Ressourcen. Ein solcher Service bietet nicht nur Schutz, sondern auch Compliance. Der Dienst erfüllt zahlreiche Anforderungen der NIS2-Richtlinie und entlastet interne IT-Teams durch klare Prozesse, automatisiertes Reporting und transparente Kommunikation.

Fazit

Cybersicherheit ist längst ein zentrales Element unternehmerischer Verantwortung – NIS2 macht das nun auch regulatorisch verbindlich.  Für den Mittelstand bedeutet das einen erheblichen Handlungsbedarf, aber auch eine große Chance: Wer frühzeitig in die Umsetzung investiert, reduziert Risiken, erfüllt regulatorische Vorgaben und gewinnt Vertrauen bei Kunden, Partnern und Investoren. 

Mit dem neuen Referentenentwurf zur NIS2-Umsetzung wird zudem deutlich: Die rechtlichen Rahmenbedingungen werden konkretisiert – und wer vorbereitet ist, wird nicht überrascht, sondern profitiert von Planungssicherheit und strategischem Vorsprung.


Maximilian Junker

Technical Lead - Threat Detection, indevis

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